Mit Beginn der sechziger Jahre kämpfte ich gewisse Bedenken nieder und stellte Pinsel und Feder gelegentlich in den Dienst erlesener Konsumgüter. So entstand für die Weinbrennerei Scharlachberg eine Serie von Anzeigen und Zeichentrickfilmen. Weitere Beispiele belegen, wie unerschrocken sich seriöse Unternehmen an den Abgrund humoristischer Werbung wagen... Für die pharmazeutische Firma Dr. Thiemann entwarf ich ein Kartenspiel und darf ferner mit aller Diskretion darauf hinweisen, dass dieses Blatt auch für Turniere zugelassen und in allen einschlägigen Geschäften erhältlich ist.
Loriot in "Möpse & Menschen" (1983)
Die Liste weiterer Werbekunden ist endlos und beinhaltet u. a. Agfa, Tempo und Fiat.
Für besagte Firma aus dem heilkundlichen Segment erzeugte Loriot 1966 gar das Buch "Kleines Hustenbrevier", in dem Nasenmännchen in unterschiedlichen Berufsbildern und Situationen beim "richtigen" und "falschen" Husten das Medikament "Optipect" bewerben. An das eher unbekannte Vorwort sei hier einmal in Gänze erinnert:
Nur wenige Menschen husten gern. Aus Verlegenheit, beispielsweise, oder um sich wichtig zu machen. Der weitaus überwiegende Anteil der westdeutschen Bevölkerung hustet jedoch ungern, wie die Umfrage eines Meinungsforschungsinstitutes ergab. 4,5 Prozent enthielten sich der Stimme. Überraschend bleibt in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass nur 0,3 Prozent der Bevölkerung niemals husten, also mit Sicherheit mindestens 95,2 Prozent ständig gegen ihren Willen hüsteln. Ein Ergebnis, das auch gleichgültige Naturen alarmieren muss.
Der Unterzeichnete ist entschlossen, im Kampf gegen den Husten nicht länger abseits zu stehen. Aufgrund umfangreicher, eigener Studien darf ich nun behaupten, dass der Husten kein unlösbares Problem mehr darstellt. Ich habe in nahezu jeder Situation interessehalber selbst gehustet und ebenso einfache wie wirksame Methoden erarbeitet, die alle Reizungen des Rachen- und Bronchialraumes zwar nicht beseitigen, aber die nachteiligen Folgen derselben unverzüglich unterbinden.
Hier muss daran erinnert werden, welche schwerwiegenden Auswirkungen des Hustenreizes besonders in beruflicher Hinsicht zu beobachten sind. Insbesondere Bühnenkünstler, Politiker, Soldaten und Angestellte des Gaststättengewerbes haben diesem Übel ein vorzeitiges Ende ihrer Karriere zuzuschreiben. Aber auch zwischenmenschliche Höhepunkte auf dem Gebiet der Erotik verkümmern unter katarrhischen Anfällen, ganz abgesehen von der hygienischen Seite dieser Angelegenheit.
Das vorliegende Werk gehört vor allem in die Hände der Ärzteschaft, aber auch dem Apotheker sei es anempfohlen. Eine Weitergabe an Privatpersonen über achtzehn Jahren ist statthaft und nicht rezeptpflichtig.
Loriot im Herbst 1966
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